Herpes Zoster: Erkenntnisse aus 5 Jahren STIKO-Handlungsempfehlung

Die Impfquoten für Personen ab 60 Jahren sind trotz STIKO Empfehlung aktuell noch niedrig.

21. September 2023
Lesedauer: 4 Min.
Hautausschlag am Hals

Auf einen Blick

  • Abnehmende Immunkompetenz begünstigt die Reaktivierung einer latent persistierenden Infektion mit dem Varizella-zoster-Virus in Form von Herpes Zoster (HZ).1 Neben Alter (Immunoseneszenz) ist Immundefizienz durch Krankheit (z.B. HIV, Tumor) oder immunsuppressive Therapie (z.B. bei Autoimmunerkrankungen) ein Hauptrisikofaktor für HZ, ebenso psychische (z.B. Depression) und physische Belastungen (z.B. Trauma).2,3,4,5 
  • Häufige Komplikationen sind chronische Nervenschmerzen, die Post-Zoster-Neuralgie (PZN). Die Häufigkeit steigt mit dem Alter stark an.1,5,6 Eine Kopf-/Gesichtsbeteiligung (Zoster ophthalmicus bei 10-25% der Fälle /oticus) kann zu Sehverlust bzw. Hörverlust oder peripherer Fazialisparese führen, Meningitis/Meningoenzephalitis/Enzephalitis sind mögl. Komplikationen.1,7,8 
  • Innerhalb von 12 Monaten nach HZ besteht ein erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt und Schlaganfall.9
  • Eine für mindestens 10 Jahre wirksame Impfung mit einem adjuvantierten, rekombinanten Totimpfstoff zur Prävention von HZ und PZN steht zur Verfügung und ist für Menschen mit erhöhtem Risiko für HZ ab 18 Jahren zugelassen.10,11 STIKO Empfehlung: Für alle ab 60 Jahren als Standardimpfung sowie als Indikationsimpfung für Menschen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grunderkrankung ab 50 Jahren.12 
  • Die Impfquoten für Personen ab 60 Jahren sind trotz STIKO Empfehlung aktuell noch niedrig (7,7% Stand 2021).13

Herpes Zoster – eine Gefahr in jedem Alter bei Immunschwäche

Alter und Immundefizienz steigern das Risiko für HZ und Komplikationen, ebenso Grunderkrankungen oder immunmodulierende Therapie (insbes. Lymphozytendepletion, JAK-Inhibitoren).1,3,4,5,14,15,16,17,18  Die HZ-Diagnose ist nicht immer einfach, eine Labor-diagnostische Abklärung sollte erfolgen, auch um ggfs. eine zeitnahe antivirale Therapie zu gewährleisten (innerhalb 72h).Immunsupprimierte (z.B. Transplantatempfänger, Tumorpatienten, HIV-Patienten) haben ein stark erhöhtes HZ-Risiko.14,15,16 HZ bei Jüngeren kann auf unerkannte Immundefizienz hindeuten, eine HIV-Diagnostik ist angezeigt.7 Rezidive sind möglich, besonders betroffen sind Patienten mit Immundefizenz.3 Daher wird die Impfung auch nach HZ-Episode empfohlen.12

Grunderkrankungen und Risikofaktoren(Beispiele):3,4,5,12,14,15,16

Asthma, COPD, Rheumatoide Arthritis, Systemischer Lupus erythematodes, chron.-entzündl. Darmerkrankungen, chron. Niereninsuffizienz, onkol. Erkrankung, HIV, Immundefizienz (angeboren/erworben), psych. Stress, Depression

 

Therapieindikationen und Komplikationen durch Herpes Zoster

Während der Akuterkrankung kommt es oft zu starken Schmerzen, die unverzüglich behandelt werden sollten und in eine PZN übergehen können.1,7 Antivirale Systemtherapie kann immer erwogen werden.7 Bei Kopf-/Hals-/Gesichtsbeteiligung, atyp. Verlauf, mögl. Komplikationen und Patienten über 50 Jahren ist sie angezeigt, bei Komplikationen, Älteren und Immunsupprimierten auch intravenös.7 Weitere Spezialisten sind ggf. hinzuzuziehen um z.B. Beteiligung von Auge/Ohr/Gehirn adäquat zu behandeln.7 Bei Enzephalitis/Meningoenzephalitis/Meningitis sollte immer auch HZ als Ursache in Betracht gezogen werden.7,8 Bei immunsupprimierten Patienten sind schwere Verläufe möglich, z.B. Zoster generalisatus und Organbeteiligungen wie Zoster-Pneumonie.7

 

Impfung mit dem adjuvantierten, rekombinanten Totimpfstoff

  • 2 Dosen im Abstand von 2-6 Monaten.11
  • Unter/vor Immunsuppression verkürztes Impfschema (1 Monat) möglich.11
  • Auch bei eingeschränkter Immunfunktion gutes Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil.5,11
  • Hohe Reaktogenität, oft mit Schmerz an der Einstichstelle, worauf die Patienten vorbereitet werden sollten.11 Die Reaktogenität nimmt mit der zweiten Dosis nicht zu.19
  • Die Empfehlung des Arztes ist entscheidend für die Akzeptanz.20

✓ STIKO: Standardimpfung ab 60 J12

✓ STIKO: Indikationsimpfung ab 50 J bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung durch Grunderkrankung12

✓ Seit 2020 auch zugelassen bei erhöhtem HZ-Risiko ab 18 J (Erstattung klären)11

Referenzen

1. Harpaz R, et al., MMWR Recomm Rep 2008

2. Simon et al., Proc Biol Sci. 2015 Dec 22; 282(1821): 20143085

3. Batram et al., 2021, Dermatol Ther (Heidelb)

4. Marra F et al., Open Forum Infect Dis 2020;7:ofaa005

5. Epid Bull 2018;50:541 – 567

6. Ultsch et al. Eur J Health Econ (2013) 14:1015–1026

7. AWMF S2k-Leitlinie 013-023 “Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie“ 2019

8. AWMF S1-Leitlinie: 030/100 “Virale Meningoenzephalitis” 2018

9. Nagel and Gilden, Curr Neurol Neurosci rep 2015:15:16

10. Strezova et al., Open Forum Infect Dis 2022

11. Fachinformation Shingrix, Stand: Dez, 2022

12. Epid Bull 2023;4:3-68

13. Epid Bull 49/2022

14. Chen SY, et al. Infection 2014;42:325–34

15. Yenikomshian MA, et al. BMC Infect Dis 2015;15:106

16. Pergam SA, et al. Transpl Infect Dis 2011;13:15–23

17. Arvin et al. JAMA Neurol. 2015 Jan;72(1):31-9.

18. Redeker et al. Ann Rheum Dis. 2022 Jan;81(1):41-47.

19. Colindres et al., Hum Vacc Immunother 2020;16:11, 2628-2633

Grundlagen Impfung
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