Malaria: Schutz und medikamentöse Prophylaxe

Überblick über die Prophylaxe-Möglichkeiten für Erwachsene und Kinder.

22. Juli 2024
Lesedauer: 5 Min.
Malaria-Mücke

Malaria ist eine lebensbedrohliche Krankheit, die durch verschiedene Plasmodium-Spezies übertragen wird, und deren Symptome wie Fieber und Schüttelfrost eine sofortige ärztliche Behandlung erfordern.

1. Der Erreger der Malaria - Plasmodium Spezies

Der Erreger der Malaria beim Menschen ist evolutionsbiologisch so alt wie die Geschichte der Menschheit. Schon zu den Zeiten der alten Römer wurde die Krankheit Malaria beschrieben. Da weder der Erreger noch der Vektor damals bekannt waren, wurde das sogenannte „Sumpffieber“ mit der schlechten Luft über den Sümpfen in Zusammenhang gebracht (Mala Aria – schlechte Luft).  Grundsätzlich hängt der Krankheitsverlauf von der Plasmodium-Spezies, der rechtzeitigen Einnahme von antiparasitären Medikamenten und einer eventuell vorhandenen Teilimmunität ab. Besonders wichtig für Reisende: Die Malaria ist bis heute eine lebensbedrohliche Erkrankung, welche ohne ärztliche Behandlung innerhalb weniger Tage zum Tode führen kann. Folgende Spezies der Malaria sind für den Menschen bedeutsam: Plasmodium falciparum (Erreger der Malaria Tropica), Plasmodium vivax/ovale (Erreger Malaria Tertiana), Plasmodium malariae (Erreger der Malaria Quartana) und Plasmodium knowlesi (Erreger der Malaria quotidiana). Insbesondere Infektionen mit Plasmodium falciparum (Malaria tropica) können bei Europäern unbehandelt innerhalb weniger Tage tödlich verlaufen.

Eine außerordentliche Herausforderung ist das Krankheitsbild der Malaria unter anderem deshalb, weil die Symptome unspezifisch sind. Neben Fieber, deutlicher Abgeschlagenheit, vermehrtem Schwitzen und Schüttelfrost treten Kopf- und Gliederschmerzen häufig als Symptom auf. Etwa 30% der Betroffenen entwickeln Durchfall. Kinder können sich zusätzlich mit Erbrechen oder Husten präsentieren. 

 

2. Wichtige Information rund um den Schutz vor einer Malariainfektion

Ein wichtiges Element zum Schutz vor einer Infektion mit Malaria ist die Vermeidung von Insektenstichen. Zum einen lässt sich dies durch konsequentes Tragen von hautbedeckender langer Kleidung erreichen, welche am besten noch mit Permethrin eingesprüht worden ist. Zum anderen sind Repellents zum Auftragen auf die Haut von immenser Bedeutung. Darüber hinaus ist die Verwendung von Moskitonetz in der Nacht wichtig, welche ebenfalls mit Permethrin vorbehandelt sein sollten ist. Einen weiteren Schutzeffekt bieten gut klimatisierte Räumlichkeiten.   

Beim Auftragen von Repellents auf die Haut ist zu beachten, dass diese für die Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes auf sämtliche unbedeckten Hautbereiche aufgetragen werden müssen. Es existiert keinerlei Fernwirkung. Die Schutzdauer ist abhängig vom Wirkstoff, der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und der Verdünnung durch Schweiß. Nach 4-6h ist von einer nachlassenden Wirksamkeit auszugehen. 

Für diverse Substanzen konnte eine Wirksamkeit als Repellent nachgewiesen werden:

DEET in Konzentration von 30-50%. In Deutschland sind DEET-haltige Produkte für Kindern ab 2 Jahren zugelassen. Eine Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit gilt als unbedenklich. Wichtig ist, dass Repellents mit dem Wirkstoff DEET einen zusätzlich aufgetragenen Sonnenschutz um ca. 33% in seiner Effektivität absenken. Um diesen Effekt zu minimieren, sollte zuerst der Sonnenschutz aufgetragen werden und nach einer Wartezeit von ca. 30 Minuten das DEET-haltige Repellent. 

Icaridin in einer Konzentration von mindestens 20%. In der Konzentration von 20% kann Icaridin auch bei Kindern ab 6 Monaten zu Anwendung kommen. 

IR3535 ist gegen Anophelesmücken zeitlich kürzer wirksam als die bisher genannten Substanzen und sollte deshalb in Malariagebieten nur als zweite Wahl verwendet werden. Eine Wirksamkeit ist bei Konzentrationen von 10-30% nachgewiesen. Es ist es auch gut für Kinder anwendbar. 

Das Öl des Zitroneneukalyptus ist das einzige Mittel auf pflanzlicher Basis, welches einen Schutzeffekt gegenüber Moskitos aufweist. Es ist für Kinder ab dem Alter von 3 Jahren einsetzbar.

 

 

3. Welche Formen der medikamentösen Prophylaxe gibt es?

Bei Reisen in Malariagebiete mit hohem Risiko für eine Infektion ist zusätzlich zu den Repellents auch eine medikamentöse Chemoprophylaxe sinnvoll. Von einem besonders hohen Risiko ist in Subsahara-Afrika, einigen Gebieten Asiens, Ozeaniens und Südamerikas auszugehen. 

Generell gilt bei Auftreten von Fieber in Gebieten mit Malariarisiko (auch unabhängig von eventuell eingenommener Chemoprophylaxe): Es sollte immer zeitnah ärztliche Hilfe aufgesucht werden, um abklären zu können, ob eine Malariainfektion vorliegt oder das Fieber durch eine andere Infektionskrankheit verursacht worden ist. In Gebieten, in denen ein geringes oder mittleres Malariarisiko herrscht, ist eine medikamentöse Prophylaxe nicht empfohlen. Hier ist ein guter Mückenschutz durch die oben genannten Maßnahmen angezeigt. Bei Aufenthalt in Gebieten mit mittlerem Malariarisiko und gleichzeitig fehlendem zuverlässigem Zugang zu medizinischer Versorgung innerhalb von 48h ist es möglich, nach guter Aufklärung den Reisenden eine notfallmäßige Selbstbehandlung mitzugeben. Zu bedenken ist allerdings, dass die Reisenden oftmals unsicher sind, wann die notfallmäßige Selbsthandlung anzuwenden ist. In Gebieten mit einem mittlerem Malariarisiko kann bei Fieber, sofern ärztliche Hilfe innerhalb von 48h erreichbar ist, zunächst auf die Einnahme der notfallmäßigen Selbstbehandlung verzichtet werden. Ist keine ausreichende medizinische Versorgung innerhalb von 48h zu erreichen und hält das Fieber länger als 24h an, dann sollte die notfallmäßige Selbstbehandlung eingenommen werden. 

Zur Malariaprophylaxe stehen folgende Medikamente zur Verfügung: Atovaquon/ Proguanil, Doxycyclin (keine EMA-Zulassung für diese Indikation, Off-Label-Use) und Mefloquin. Dazu kommt Arthemether/Lumefantrin als Option für die Therapie und notfallmäßige Selbstbehandlung.

 

Medikament Prophylaxe

Therapie/

notfallmäßige
Selbstbehandlung

Atovaquon

/ Proguanil

1 Tablette pro Tag,

1-2 Tage vor bis 7 Tage nach

Aufenthalt im Malariagebiet

Je 4 Tabletten pro Tag

als Einzeldosis

an drei Tagen in Folge

Doxycyclin

100mg pro Tag, 1-2 Tage

vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet (keine Zulassung zur Malariaprophylaxe, Off-Label Anwendung!)

Nicht geeignet
Mefloquin

1 Tablette pro Woche, ab 90kg

1,5 Tabletten und ab

12kg 2 Tablette jeweils pro Woche,

1-3 Wochen vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet

Wird auf Grund

der Nebenwirkungen

nicht mehr empfohlen

Arthemether/

Lumefantrin

Nicht geeignet

4 Tabletten initial,

gefolgt von 4 Tabletten

nach 8, 2, 36, 48

und 60h ab 35kg Körpergewicht

Medikament

Atovaquon
/ Proguanil

 

Prophylaxe

1 Tablette pro Tag,
1-2 Tage vor bis 7 Tage nach
Aufenthalt im Malariagebiet

 

Therapie/

notfallmäßigeSelbstbehandlung

Je 4 Tabletten pro Tag
als Einzeldosis
an drei Tagen in Folge

Doxycyclin



Prophylaxe

100mg pro Tag, 1-2 Tage
vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet
(keine Zulassung zur Malariaprophylaxe,Off-Label Anwendung!)

 

Therapie/
notfallmäßigeSelbstbehandlung

Wird auf Grund
der Nebenwirkungen
nicht mehr empfohlen

Mefloquin



Prophylaxe

1 Tablette pro Woche, ab 90kg
1,5 Tabletten und ab
12kg 2 Tablette jeweils pro Woche,
1-3 Wochen vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet

 

Therapie/
notfallmäßigeSelbstbehandlung

Wird auf Grund
der Nebenwirkungen
nicht mehr empfohlen

Arthemether/
Lumefantrin

 

Prophylaxe

Nicht geeignet



Therapie/
notfallmäßigeSelbstbehandlung

4 Tabletten initial,
gefolgt von 4 Tabletten
nach 8, 2, 36, 48
und 60h ab 35kg Körpergewicht

 

Tabelle 1. Dosierung der Medikamente für Erwachsene zur Therapie und Prophylaxe

Für die Prophylaxe von Kindern stehen die Formulierungen von Atovaquon/Proguanil in einer Junior-Dosierung zu Verfügung, alternativ besteht auch die Möglichkeit der Verwendung von Mefloquin. Hierbei ist zu beachten, dass Mefloquin in Deutschland nicht mehr auf dem Markt ist, eine Zulassung der EMA besteht jedoch weiterhin. Das Medikament kann bei Bedarf im Ausland bestellt werden. Gerade bei Kindern ist die einmalige Gabe pro Woche ein Vorteil. Es ist das einzige Medikament, das zu Malariaprophylaxe in der Schwangerschaft zugelassen ist. Der Grund für die Rücknahme vom deutschen Markt liegt im Nebenwirkungsprofil des Wirkstoffs. Insbesondere bei Erwachsenen können unter Mefloquin vermehrt psycho-vegetative Beschwerden wie Albträume, depressive Verstimmungen, epileptische Anfälle, psychotische Symptome, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Sehstörungen auftreten. Deshalb darf Mefloquin nicht eingesetzt werden bei Personen die Tätigkeiten ausführen, welche volle Aufmerksamkeit und ungestörte Feinmotorik erfordern. So kann die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen und Flugzeugen, zum Bedienen von Maschinen, zum Tiefseetauchen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt während und bis zu 3 Wochen nach der Anwendung von Mefloquin vermindert sein. Wenn Nebenwirkungen auftreten, dann typischerweise innerhalb der ersten zwei Tabletteneinnahmen. Deshalb sollte bei Erstverordnung auch zwei bis drei Wochen vor Abreise mit der Einnahme begonnen werden, um eventuelle Unverträglichkeit auszuschließen. Sollten Beschwerden auftreten, ist im Anschluss noch genügend Zeit, die Medikation zu wechseln. Bei der Einnahme von Mefloquin ist außerdem auf die Wechselwirkung mit anderen Substanzen zu achten, z.B. trizyklische Antidepressiva, Alkohol, Antipsychotika, Tramadol, Bupropion und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. 

Doxycyclin ist für Schwangere, Stillende und Kindern unter 8 Jahren kontraindiziert. Für die Einnahme ist zu beachten, dass bei gleichzeitigem Konsum von Milchprodukten die Wirksamkeit von Doxycyclin stark herabgesetzt sein kann.

Körper-gewicht in kg Alter Tabletten pro Tag Atovaquon/Proguanil Tabletten pro Tag Doxycyclin 100mg Tabletten pro Tag Mefloquin 250mg
5-<9 <4 Monate ½ < 8kg, Off-Label   1/8
9-<11 4-<12 Monate ¾ > 8kg, Off-Label   ¼
11-<15 1-<3 Jahre 1   ¼
15-<19 3-<5 Jahre 1   ¼ + 1/8
19-<25 5-<8 Jahre 1 ab 21kg KG 2   ½
25-<36 8-<11 Jahre 2 ab 31kg KG 3 ½ Off-Label ½ - ¾
36-<50 11-<13 Jahre 3 Junior ab 40kg KG    1 Erwachsendosis ¾ Off-Label ¾ - 1
>50 >13 Jahre 1 Erwachsenendosis 1 Off-Label 1
Körper-gewicht in kg Alter Tabletten pro Tag Atovaquon/Proguanil Tabletten pro Tag Doxycyclin 100mg Tabletten pro Tag Mefloquin 250mg
5-<9 <4 Monate ½ < 8kg, Off-Label   1/8
9-<11 4-<12 Monate ¾ > 8kg, Off-Label   ¼
11-<15 1-<3 Jahre 1   ¼
15-<19 3-<5 Jahre 1   ¼ + 1/8
19-<25 5-<8 Jahre 1 ab 21kg KG 2   ½
25-<36 8-<11 Jahre 2 ab 31kg KG 3 ½ Off-Label ½ - ¾
36-<50 11-<13 Jahre 3 Junior ab 40kg KG    1 Erwachsendosis ¾ Off-Label ¾ - 1
>50 >13 Jahre 1 Erwachsenendosis 1 Off-Label 1

 

Tabelle 2. Dosierung der Medikamente zur Prophylaxe für Kinder. Zu beachten ist, dass Doxycyclin generell keine Zulassung zur Malariaprophylaxe hat. Angegebene Mengenangaben wie 1/8, 1/4, ¾, sollten von einer Apotheke für den gesamten Reisezeitraum portioniert zubereitet werden. 

Artemisinin-Kombinationspräparate und Artemether/Lumefantrin sind ausschließlich zur Therapie zugelassen und für die Prophylaxe nicht geeignet.  Diese Präparate können zur notfallmäßigen Selbstbehandlung eingesetzt werden, wobei die Resistenzlage in Südostasien und weltweit zu beachten ist.

 

4. Prophylaxe gegen Plasmodium vivax/ ovale (Malaria tertiana)

Die Prophylaxe ist vornehmlich gegen P. falciparum gerichtet. In der Regel sind schwere oder gar tödliche Krankheitsverläufe bei Malaria-tertiana-Erkrankungen selten. Bei der Malaria Tertiana können jedoch sogenannte Hypnozoiten in der Leber zurückbleiben und nach Wochen bis Jahre zu einem Rezidiv führen. Für die Behandlung dieser Leberstadien sind Primaquin oder Tafenoquin geeignet. Beide Medikamente sind in Deutschland nicht zugelassen, lassen sich aber aus dem Ausland beziehen. Vor einer Behandlung mit diesen Substanzen sollte jedoch ein Glukose-6-Dehydrogenase Mangel (G6PD-Mangel) ausgeschlossen werden.

Referenzen

Rothe et al., Empfehlungen zur Malariaprophylaxe, Flug u. Reisemed 2023; 30: 168-208

Grundlagen Erreger
Reise