Aktualisierte Empfehlungen zu Reiseimpfungen (DTG und STIKO)

Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat im April 2024 in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) im Epidemiologischen Bulletin 14/2024 ihre aktualisierten Empfehlungen zu Reiseimpfungen veröffentlicht.

20. Juni 2024
Lesedauer: 5 Min.
Gelbes Modellauto

Hier ein Überblick über die wichtigsten Aktualisierungen gegenüber 2023:1

  • Neue Impfempfehlung zu Dengue
  • Überarbeitete Impfempfehlungen zu COVID-19 
  • Überarbeitete Impfempfehlung zu Poliomyelitis
  • Angepasste Risikozeiträume saisonaler Influenza
  • Neuerungen bei der Meningokokken- und Pneumokokken-Impfung
  • Erweiterte Impfempfehlungen bei Immundefizienz
  • Aktualisierte Epidemiologie bei Cholera, Hepatitis A, Hepatitis B, Influenza, Meningokokken und Typhus/Paratyphus

Neue Impfempfehlung zu Dengue

Das Dengue-Virus ist hauptsächlich in tropischen und subtropischen Regionen endemisch, insbesondere in Südostasien, Süd- und Mittelamerika sowie den westlichen Pazifikregionen.1 Aufgrund des Klimawandels haben sich das Virus und die übertragenden Stechmücken-Arten jedoch bereits in 13 europäischen Ländern verbreitet. Fälle von Dengue-Fieber traten dabei vor allem in Frankreich auf.4 Die an das RKI übermittelten Infektionszahlen bei Reisenden stiegen in Deutschland von 60 Fällen im Jahr zuvor auf 375 Fälle im Jahr 2022 an.1

Die STIKO empfiehlt Reisenden eine Impfung mit dem in Deutschland zugelassenen, attenuierten Lebendimpfstoff (zugelassen für Personen älter als 4 Jahre) welche:1

  • bereits eine anamnestisch und labordiagnostisch nachgewiesene Infektion mit dem Dengue-Virus durchgemacht haben
  • und aufgrund eines akuten Ausbruchs oder eines längeren Aufenthalts ein höheres Expositionsrisiko haben

Wichtig in diesem Kontext ist, dass die STIKO nicht explizit fordert, dass die Testergebnisse in schriftlicher Form vorliegen, um die Indikation zur Impfung zu stellen. Klassische Dengue Krankheitssymptome sind eine Kombination aus Fieber, starken Gliederschmerzen und /oder Exanthem.

Für Reisende ohne vorherige Dengue-Infektion („Dengue-Naive“) gibt es von der STIKO derzeit keine generelle Impfempfehlung. Die STIKO weist daraufhin, dass eine fehlende STIKO-Empfehlung kein Hindernis für eine begründete Impfung ist. Die STKO verweist zudem auf die Empfehlungen der DTG.1 Die DTG skizziert für Dengue naive Reisende unter folgenden Umständen eine Impfung:6

  • Personen, die in Dengue-Endemiegebieten aufgewachsen sind oder dort lange gelebt haben und erneut in Endemiegebiete reisen
  • Langzeitausgereiste, bei Langzeit-Aufenthalten in einem Dengue-Endemiegebiet steigt das Risiko einer Dengue Infektion kumulativ an
  • Personen mit individuellen Risikofaktoren, die Komplikationen durch eine Dengue Infektion begünstigen, wie z.B. das Vorliegen chronischer kardiovaskulärer, renaler und pulmonaler Erkrankungen, Diabetes, Adipositas u.a.6

 

Überarbeitete Impfempfehlung zu COVID-19

Alle Personen im Alter ≥ 18 Jahre sollten über eine Basisimmunität gegen SARS-CoV-2 verfügen. Eine Basisimmunität ist gegeben durch mindestens 3 SARS-CoV-2-Antigenkontakte (Impfung oder Infektion). Fehlende Antigenkontakte sollen durch COVID-19-Impfungen ergänzt werden.
Eine jährliche Auffrischimpfung zum Herbst wird unter anderem empfohlen für alle Personen ≥ 60 Jahre und für Personen ab dem 6. Lebensmonat mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufgrund einer Grundkrankheit.    

 

Überarbeitete Impfempfehlung zu Poliomyelitis

Ein altersentsprechender Impfschutz gegen Poliomyelitis gemäß aktuellen STIKO-Empfehlungen sollte unabhängig von einer Reise bestehen. In Deutschland ist seit 1998 ausschließlich der inaktivierte Polio-Impfstoff (IPV) für die Poliomyelitis-Impfung zugelassen.

Abhängig vom Reiseziel kann eine Auffrischimpfung mit einer Impfstoffdosis IPV notwendig sein. Dies gilt für Länder mit und ohne Nachweis einer aktuellen Virus-Zirkulation, von denen ein Risiko für eine internationale Ausbreitung ausgeht. Die Liste der Länder wird alle 3 Monate durch die WHO aktualisiert:1,5

  • Reise in ein Land der Kategorie 1 (z.B. Afghanistan, Madagaskar, Pakistan):
    Hier gilt die Nachweispflicht! Reisende, die sich länger als 4 Wochen in einem der Länder aufgehalten haben, müssen bei der Ausreise aus dem Land nachweisen, dass sie mind. 4 Wochen und max. 1 Jahr zuvor eine Polio-Impfstoffdosis bekommen haben. Bei kurzfristigen Reisen sollte soll spätestens zum Zeitpunkt der Abreise aus dem Zielland eine Polio-Impfstoffdosis verabreicht werden.
  • Reise in ein Land der Kategorie 2 (z.B. Ägypten, Indonesien, Tansania):
    Hier gibt es keine Nachweispflicht. Bei Reisen > 4 Wochen soll eine Poliomyelitis-Impfung zwischen 4 Wochen und 1 Jahr vor der Ausreise aus dem Zielland erfolgt sein.
  • Reise in ein Land der Kategorie 3 (Äthiopien, Dschibuti, Ghana, Großbritannien und Nordirland, Israel, Kanada, Togo, USA):
    Gefährdete Gebiete für ein Wiederauftreten der Erkrankung; dennoch bei Einreise keine Impfung benötigt.

Die folgenden Länder haben zusätzlich nationale Einreisevorschriften:
Ägypten, Bangladesch, Brunei Darussalam, Georgien, Indien, Iran, Katar, Malediven, Marokko, Nepal, Philippinen, Saudi-Arabien, St. Kitts und Nevis.1,

 

Angepasste Risikozeiträume saisonaler Influenza

Während die Erkrankungswellen im Jahr zuvor auf der Nordhalbkugel von November bis April und auf der Südhalbkugel von Mai bis Oktober lagen, wurden die Zeiten im Jahr 2022 verlängert. Auf der Nordhalbkugel ist nun zwischen Oktober und April und auf der Südhalbkugel zwischen April und Oktober mit Influenzawellen zu rechnen. 

In Teilen der Tropen muss weiterhin ganzjährig mit Influenzaerkrankungen gerechnet werden. Die Influenzawellen in Thailand wurden ebenfalls verlängert: Statt von Februar bis März und von Juli bis November gelten sie nun von Januar bis April und von Juni bis September.

Dementsprechend ändern sich auch die Zeiträume, in denen Personen ab 60 Jahren und mit einer anderen Indikation laut STIKO eine Influenza-Impfung vor Reisen in entsprechende Gebiete empfohlen wird.

 

Neuerungen bei der Meningokokken- und Pneumokokken-Impfung

Die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C ist bereits seit 2006 eine der Standardimpfungen für Kinder.3 Seit 2024 zählt zudem die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B zu den Standardimpfungen für Säuglinge und Kleinkinder ab 2 Monaten bis zum Alter von 5 Jahren.1

Bei einer bestehenden Grunderkrankung mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer Pneumokokken-Infektion wird Erwachsenen nun die Impfung mit einem 20-valenten Impfstoff gegen Pneumokokken empfohlen.1 Für Kinder ab 2 Jahren und Jugendliche mit erhöhtem Risiko infolge einer Grunderkrankung empfiehlt die STIKO weiterhin die sequenzielle Pneumokokkenimpfung.1

 

Erweiterte Impfempfehlungen bei Immundefizienz

Für Reisende mit Immundefizienz wird auf Basis eines Konsenses von Expertinnen und Experten zu erweiterten Maßnahmen geraten, die über die aktuell gültigen Empfehlungen der STIKO hinausgehen. Dies betrifft insbesondere die Impfungen gegen Hepatitis A, Meningokokken und Influenza. Wichtig hierbei, die Kostenübernahme mit der Krankenkasse im Vorfeld zu klären.

Reisende mit Immundefizienz sollten bei der Impfung gegen Hepatitis A mit monovalentem Impfstoff zusätzlich zur 1. Impfung vor Abreise eine weitere Impfstoffdosis erhalten. Die beiden Hepatitis-A-Impfstoffdosen können sowohl am gleichen Tag als auch in einem Abstand von einem Monat gegeben werden. Die Grundimmunisierung sollte mit einer 3. Impfstoffdosis in einem Mindestabstand von 6 Monaten vervollständigt werden.1 Auch Menschen mit Niereninsuffizienz oder unter Nierenersatzverfahren sollten unter Umständen zusätzliche Impfdosen erhalten.1

Sollte eine Meningokokken-Impfung gegen die Serogruppen A, C, W oder Y indiziert sein, wird Reisenden mit Immundefizienz, Hyposplenie oder Asplenie ebenfalls eine zweite Impfstoffdosis des Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoffs empfohlen. Die zweite Dosis sollte im Abstand von 4–8 Wochen nach der ersten Dosis verabreicht werden. Eine Auffrischimpfung steht bei erneuter Exposition nach 5 Jahren an.1

Bei bestimmten Immundefizienzen, wie nach autologer oder allogener Stammzelltransplantation, kann bei erstmaliger Impfung gegen Influenza eine zweite Impfstoffdosis des altersentsprechend empfohlenen Influenza-Impfstoffs im Abstand von 4 Wochen erwogen werden.1

 

Aktualisierte Epidemiologie bei Cholera, Hepatitis A, Hepatitis B, Influenza, Meningokokken und Typhus/Paratyphus

Cholera: Mit mehr als 708.200 Cholerafällen weltweit im Jahr 2023 gab es einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu 2022. Auf Grund dieses drastischen Anstieges der Fallzahlen stufte die WHO im Januar 2023 Cholera als Notfall der Stufe 3 ein. Diese entspricht der höchsten internen Stufe.

Hepatitis A und B: Bei Hepatitis A kam es zu einem Anstieg der Fallzahlen in Deutschland von 596 im Jahr 2021 auf 707 im Jahr 2022. Hingegen ist der Anstieg der Hepatitis-B-Fallzahlen von 2022 zu 2023 u.a. mit der Meldung von bereits bekannten chronischen Fällen zu erklären.1

Influenza, Meningokokken und Typhus/Paratyphus: Im Falle von Influenza ist seit 2020 die Yamagata-Linie nicht mehr nachgewiesen worden. Die Meningokokken verzeichneten in Deutschland im Jahr 2022 mit 141 Fällen einen Anstieg von 91% im Vergleich zu 2021. Bei Typhus/ Paratyphus kam es 2022 in Deutschland zu einem Anstieg der Fallzahlen um 28 auf 46 Infektionen.1

 

Referenzen

1. Robert Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) zu Reiseimpfungen. Epidemiologisches Bulletin 14/2024. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/14_24.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt abgerufen am 30.04.2024)

2. Robert Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) zu Reiseimpfungen. Epidemiologisches Bulletin 14/2023. https://gpk.de/downloadp/STIKO_2023_Bulletin_KW_14_Empfehlungen-STIKO-und-DTG-zu-Reiseimpfungen.pdf (zuletzt abgerufen am 30.04.2024)

3. Robert Koch-Institut. Schutzimpfung gegen Meningokokken: Häufig gestellte Fragen und Antworten. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Meningokokken/faq_ges.html (zuletzt abgerufen am 30.04.2024)

4. European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Increasing risk of mosquito-borne diseases in EU/EEA following spread of Aedes species. https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/increasing-risk-mosquito-borne-diseases-eueea-following-spread-aedes-species (zuletzt abgerufen am 30.04.2024)

5. Auswärtiges Amt. Poliomyelitis-Impfung. https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-gesundheit/-/2517492 (zuletzt abgerufen am 30.04.2024)

6. Aktuelle Meldungen der DTG, https://www.dtg.org/index.php/aktuelles/mitteilungen-der-dtg.html, (zuletzt abgerufen am 10.06.2024)

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