Röteln

Die Röteln sind eine ausschließlich humanpathogene Krankheit und werden durch ein Rubivirus aus der Familie der Togaviren (RNA) verursacht. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen von Mensch zu Mensch sowie diaplazentar in der Frühschwangerschaft. Die Kontagiosität der Röteln ist hoch.

12. Juli 2024
Lesedauer: 3 Min.
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Gefährdete Gruppen

Sehr gefährlich ist die Rötelninfektion in der Frühschwangerschaft. Sie führt zum Abort bzw. einer Schädigung des ungeborenen Kindes in einer Häufigkeit in Abhängigkeit vom Infektionszeitpunkt:

  • 1. Schwangerschaftsmonat: 70 %
  • 2. Schwangerschaftsmonat: 40 %
  • 3. Schwangerschaftsmonat: 25 %
  • 4. Schwangerschaftsmonat: 25 %
  • ab 5. Schwangerschaftsmonat: <10 %
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Symptome Schnellcheck

Die Krankheit ist durch folgende Prodromi gekennzeichnet:

  • Rhinitis
  • Allenfalls leichter Husten
  • Geringgradiges Fieber


Wenige Tage später, oft auch unvermittelt ohne Vorzeichen, Ausbruch des Exanthems:

  • Makulös bis makulo-papulös
  • Im Gesicht beginnend, nach distal ausbreitend
  • Begleitende retroaurikuläre und nuchale    Lymphknotenschwellungen


Vorwiegend bei weiblichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind Röteln von Arthralgien bzw. Arthritiden begleitet. Meist sind ein oder beide Kniegelenke betroffen, die Häufigkeit beträgt mehr als 50 %.

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Gefahren für Patienten

Das rötelngeschädigte Neugeborene ist in aller Regel zu früh geboren, dystroph ("small for gestational age") und weist als häufigste Fehlbildungen auf (Gregg-Syndrom):

  • Uni- oder bilaterale Innenohrtaubheit
  • Katarakt (Linsentrübung)
  • Herzfehler (meist offener Ductus arteriosus oder Pulmonalarterienstenose)


Bei sonstigen Rötelninfektionen sind sehr seltene Komplikationen Enzephalitiden und Thrombozytopenien.

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Ätiologie, Pathogenese und Epidemiologie

Die Röteln sind weltweit verbreitet. Die damit verbundene Morbidität und Letalität betrifft in allererster Linie die pränatal erworbene Rötelnembryopathie. In Ländern, in denen gegen Röteln geimpft wird, ist es in Abhängigkeit von den Durchimpfungsraten zu einem erheblichen Rückgang bzw. zur vollständigen Eliminierung der Rötelnembryopathie gekommen.

Zuvor war etwa jedes 2000. Neugeborene rötelngeschädigt. In Deutschland bedeutet dies, dass heutzutage statt den jährlich zu erwartenden 400 Rötelnembryopathien nur noch Einzelfälle registriert werden, der letzte Fall 2013.

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Krankheitsbild

Etwa 25-50 % aller Rötelninfektionen sind asymptomatisch. In den übrigen Fällen kommt es nach einer Inkubationszeit von 14-21 Tagen zum Ausbruch der Krankheit. Sie ist in aller Regel mild.

Eine Plazentainfektion ermöglicht dem Virus den gefürchteten Übertritt in den embryonalen bzw. fetalen Kreislauf. Dort führt die Virusinfektion des embryonalen Gewebes zu vielfältigen, charakteristischen Entwicklungsstörungen, die auf einer Mitoseinhibition beruhen.

Das rötelngeschädigte Neugeborene ist in aller Regel zu früh geboren, dystroph ("small for gestational age") und weist Fehlbildungen - Gregg-Syndrom - auf. Neben diesem sind eine Vielzahl anderer Fehlbildungen beobachtet worden. Im Laufe der ersten Lebensmonate bzw. -jahre macht sich ferner bei etwa 20 % der betroffenen Kinder eine erhebliche Entwicklungsverzögerung bemerkbar, die auf einer Hirnschädigung mit Mikrozephalie durch das Rötelnvirus beruht.

Die Ansteckungsfähigkeit beginnt 3-7 Tage vor und endet 1 Woche nach Ausbruch des Exanthems, während die pränatale Infektion mit einer langen Viruspersistenz und -ausscheidung in den Atemwegen und im Urin bis zum Alter von 1 Jahr und länger einhergeht. Asymptomatisch infizierte Personen tragen zur Verbreitung des Virus ebenso bei. Die Infektion hinterlässt eine lebenslange Immunität.

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Diagnose

Die postnatal erworbene Rötelninfektion lässt sich bei typischer Ausprägung klinisch diagnostizieren. In Zweifelsfällen sowie bei Verdacht auf Röteln in der Schwangerschaft sollte eine mikrobiologische Diagnosesicherung erfolgen. Dies geschieht durch den Nachweis spezifischer IgM-Antikörper (ab Krankheitstag 5 für eine Dauer von ca. 6 Wochen in ca. 90 % der Fälle positiv) bzw. in den ersten 5 Krankheitstagen durch PCR-Nachweis aus dem Nasopharynx. Unter den serologischen Tests weisen ELISA-Verfahren die höchste Sensitivität auf.

Bei pränatal erworbener Rötelninfektion lässt sich in den meisten Fällen bei Geburt das Virus in Nasopharynxsekret, Liquor cerebrospinalis und Urin mittels Zellkultur, Antigennachweis oder – heute Nachweismethode der Wahl – PCR nachweisen. Die ebenfalls eine pränatale Infektion beweisenden IgM-Serumantikörper sind dagegen oft negativ. Der IgG-Nachweis ist nicht beweisend für eine pränatale Infektion, da es sich um transplazentar übertragene mütterliche Antikörper handeln kann.

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Therapie

Wie bei den meisten anderen Virusinfektionen steht keine spezifische Therapie zur Verfügung.

Die postnatal erworbene Rötelninfektion ist aufgrund ihrer milden Symptomatik meist nicht behandlungsbedürftig.

Die Behandlung der pränatal erworbenen Rötelninfektion orientiert sich am Ausmaß der Schädigung. Die Katarakt wird durch Linsenextraktion und Sehhilfe (Brille) behandelt. Herzfehler werden operativ versorgt. Bei vorhandener Resthörfähigkeit können Hörgerät oder Cochleaimplantat sinnvoll sein. Bei Taubheit ist eine frühzeitige intensive Entwicklungsförderung des Kindes angezeigt, ebenso wie bei der meist vorhandenen schweren psychomotorischen Retardierung.

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Prävention

Es gibt keine effektive Chemoprophylaxe.

Für die postexpositionelle aktive Immunisierung gibt es keine überzeugenden Daten, sodass diese seit 2010 von der STIKO nicht mehr empfohlen wird. Die postexpositionelle passive Immunisierung von nicht-immunen Frauen in der Frühschwangerschaft nach Kontakt zu einem kontagiösen Rötelnerkrankten ist mangels Verfügbarkeit eines spezifischen Röteln-Immunglobulins nicht mehr möglich.

Referenzen

1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 107ff

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