Pertussis (Keuchhusten)
Der Keuchhusten ist eine akute Atemwegsinfektion und wird vorwiegend durch das Gram-negative Bakterium Bordetella pertussis hervorgerufen. Etwa 5 %, regional bis zu 30 %, der Krankheiten werden durch Bordetella parapertussis verursacht, ein eng verwandtes Bakterium. Die Übertragung der Erreger erfolgt durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch.
In Ländern mit hoher Durchimpfungsrate im Kindesalter (>90 %) existieren zwei Krankheitsgipfel: Junge Säuglinge, die noch nicht über einen Impfschutz verfügen und Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene mit fehlendem oder nachlassendem Impfschutz.
Die Symptomatik kann typischerweise in drei Stadien eingeteilt werden:
1. Stadium catarrhale
- Dauer: etwa 1-2 Wochen
- Rhinitis, unspezifischer Husten
2. Stadium convulsivum
- Dauer: 1-12 Wochen
- Anfallsartiger Husten
- Hervorwürgen von zähem Schleim oder Erbrechen sowie
- Inspiratorisches Juchzen im Anschluss an eine Hustenattacke
3. Stadium decrementi
- Dauer: mehrere Wochen
- Abklingen der Symptomatik
- evtl. Tic-artiges Fortbestehen der Hustenattacken bei exogenen Reizen
Typische Komplikationen der Pertussis:
- Pneumonien
- Apnoen
- Pulmonale Hypertonie
- Konjunktivalblutungen
- Leistenhernien
- Zerebrale Krampfanfälle (Enzephalopathie)
Die Komplikationsrate ist mit etwa 25 % in den ersten 6 Lebensmonaten am höchsten. Jeder 100. an Pertussis erkrankte Säugling stirbt an einer Komplikation.
Die Krankheit tritt weltweit endemisch auf, zusätzlich werden in unregelmässigen Abständen epidemische Häufungen beobachtet. In unzureichend geimpften Populationen erfolgt eine frühe aber unvollständige Durchseuchung mit einem Krankheitsgipfel im Vorschulalter. Die jährliche Krankheitswahrscheinlichkeit für ungeimpfte Kinder beträgt dabei etwa 5 %. Auch bei Schulkindern, Jugendlichen und Erwachsenen werden Krankheiten mit typischer Symptomatik, wesentlich häufiger aber Reinfektionen mit fehlender oder uncharakteristischer Symptomatik beobachtet.
In Deutschland wurde in den letzten 20 Jahren eine progrediente Zunahme der Pertussis-Inzidenz beobachtet, ehe diese insbesondere nach Einführung der Auffrischimpfung im Vorschulalter wieder rückläufig war.
Nach neueren internationalen Studien sind jetzt Adoleszente und Erwachsene in 20-60 % die Ansteckungsquelle für an Pertussis erkrankte Säuglinge. Bei hospitalisierten Neugeborenen und Säuglingen in der Pädiatrie und Geburtshilfe sind zudem nosokomiale Infektionen bekannt.
Beide Geschlechter sind im Kindesalter etwa gleich häufig betroffen, bei Jugendlichen und Erwachsenen etwas häufiger das weibliche Geschlecht.
Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 20 Tagen (bis 40 Tagen bei Durchbruch unter Antibiotikaprophylaxe) beginnt die Symptomatik typischerweise in drei Stadien. Die Symptome sind bei Infektionen durch B. pertussis häufiger und von längerer Dauer als bei Infektionen durch B. parapertussis.
Die Toxine des Erregers (Pertussistoxin und andere) beeinträchtigen die Phagozytose des infizierten Organismus und führen durch Zellschädigung der Tracheal- und Bronchialschleimhaut zu einer passageren Ziliostase. Deshalb bleibt die Hustensymptomatik auch nach Elimination der Erreger oft noch einige Wochen lang bestehen. Das Pertussistoxin führt ferner bei einem Teil der Patienten (vor allem ungeimpfte, erstmals Erkrankte) zu einer lymphozytären Leukozytose im Blutbild. Bei jungen Säuglingen können Werte einer überschießenden reaktiven Leukozytose (>50.000/µl) auftreten, welche durch Aggregation in Lungenarteriolen eine lebensbedrohliche pulmonale Hypertension hervorrufen können.
Die Pathogenese der pertussisbedingten Apnoen und Enzephalopathien ist ungeklärt, vermutlich aber durch Hypoxien bedingt. Nach den ersten 6 Lebensmonaten geht die Komplikationsrate auf etwa 5 % zurück.
Eine klinische Diagnose allein ist nicht ausreichend. Verlässlichere Nachweismethoden sind:
- Der spezifische Erregernachweis durch Abstrich- bzw. Sekretentnahme aus dem Nasopharynx und Anzucht auf Spezialmedien. Er sollte möglichst in den ersten beiden Krankheitswochen erfolgen, da danach die Nachweiswahrscheinlichkeit von maximal 80 % auf < 50 % fällt.
- DNA-Nachweis durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR), ebenfalls aus einem Nasopharyngealabstrich oder -sekret, welcher wesentlich sensibler ist als die Erregeranzucht und bis zu 3 (-4) Wochen nach Krankheitsbeginn erfolgversprechend ist.
- Antikörpernachweis (insbesondere gegen das Pertussistoxin) durch verschiedene ELISA-Verfahren. Dieser kann jederzeit im Krankheitsverlauf erfolgen, wird aber bevorzugt ab der 3. Krankheitswoche empfohlen. Die Diagnosesicherung erfordert im Idealfall einen signifikanten Antikörperanstieg oder -abfall aus einem Serumpaar (Früh- und Spätphase der Krankheit). Signifikant erhöhte Antikörperwerte, v.a. IgG gegen Pertussistoxin (>100 IE/ml), in einem Einzelserum (nur verwertbar, wenn in den letzten 6-12 Monaten keine Pertussisimpfung stattgefunden hat und keine maternalen Antikörper mehr nachweisbar sind, d.h. ca. ab dem Alter von 9 Monaten) sind verdächtig auf eine akute Pertussis.
Die frühzeitige antibiotische Behandlung kann die Krankheitssymptome abschwächen und die Dauer abkürzen. Sie schützt ferner durch Erregerelimination binnen weniger Tage die Umgebung des Erkrankten.
Körperliche Anstrengung und psychische Belastungssituationen sollten vermieden werden, da sie Hustenanfälle auslösen können.
Bei Erbrechen ist die häufige Zufuhr kleinerer Nahrungsmengen notwendig. Säuglinge sollten wegen der Möglichkeit bedrohlicher Komplikationen stationär überwacht werden. Bei drohender pulmonaler Hypertonie wegen Hyperleukozytose sind Blutaustauschtransfusionen angezeigt.
Ein Makrolidantibiotikum kann bei frühzeitiger Gabe an Kontaktpersonen die Krankheit verhindern oder in ihrer Ausprägung abschwächen. Bei Erwachsenen hat sich dafür aufgrund des einfachen Einnahmeschemas (einmal täglich über 5 Tage) Azithromycin bewährt.
Spezifische Immunglobuline stehen nicht zur Verfügung.
Die sicherste Prophylaxe ist die aktive Schutzimpfung ab einem Alter von frühestens 6 Wochen, in deutschsprachigen Ländern ab einem Alter von 2 Monaten.
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 57-66