Influenza
Die Influenza ist eine akute virale Infektionskrankheit mit einem ausgeprägten alljährlichen Krankheitsgipfel im Winterhalbjahr in Europa. Influenza-Viren gehören zu den Orthomyxoviren (RNA). Die Übertragung der Viren geschieht durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch sowie ausnahmsweise von Mensch zu Tier oder umgekehrt.
Komplikationen häufen sich bei:
- Patienten mit chronischen Herz-Kreislauf- oder Atemwegskrankheiten jeden Alters
- Säuglingen ohne mütterliche Leihimmunität
- Kleinkindern
- Senioren
- Hohem Fieber
- Pharyngitis mit Halsschmerzen und trockenem Husten
- Rhinitis
- gastroenteritischen Zeichen und Symptomen
- ausgeprägtem Krankheitsgefühl
- Gliederschmerzen
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen
- Appetitlosigkeit
Mögliche Komplikationen der Influenza sind:
- Bakterielle Sekundärinfektionen (Pneumonie, Sinusitis)
- Akute Myositis (meist Unterschenkelmuskulatur)
- Perakuter Verlauf mit Herz-Kreislaufversagen (selten)
- Bronchiolitis oder Laryngotracheitis (= Pseudokrupp; Säuglinge)
- Myokarditis (selten)
- Enzephalitis (selten)
- Reye-Syndrom (selten; vorwiegend bei gleichzeitiger Gabe von Acetylsalicylsäure)
Influenza-Viren sind weltweit verbreitet. Jährlich treten neue Epidemien durch mutierte Virustypen auf, die ihren Ausgangspunkt meist in Asien nehmen und im Winterhalbjahr Europa und Nordamerika erreichen.
Unter den humanpathogenen Influenza-Stämmen lassen sich die Typen A, B und C unterscheiden, wobei von Typ A zahlreiche Subtypen bekannt sind, die durch unterschiedliche Zusammensetzung der beiden wichtigsten Virulenzfaktoren, Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) gekennzeichnet sind. Durch Doppelinfektion mit primär tierpathogenen Influenza-A-Virussubtypen ist die Bildung neuer A-Subtypen möglich ("Antigenshift"). Ferner besitzen Influenzaviren eine hohe Rate an Punktmutationen, die zu häufigen Antigenvariationen ("Antigendrift") führen.
Die meisten Epidemien werden durch A-Typen, weniger durch B-Typen und nur sehr vereinzelt durch C-Typen verursacht. Bildet sich ein neuer A-Subtyp, so trifft er auf eine immunologisch nicht vorbereitete Weltpopulation und ist deshalb der Auslöser einer neuen Pandemie. Die bislang schwerste Pandemie dieses Jahrhunderts trat 1918 auf, der mehr als 20 Millionen Menschen zum Opfer fielen ("Spanische Grippe"). Es folgten weitere Pandemien 1933, 1946, 1957, 1968, 1977 und zuletzt 2009.
Im Jahr 1997 führte ein bis dahin unbekannter neuer Stamm (H5N1) in Hongkong zu Massenschlachtungen bei Geflügel und dadurch zunächst zur erfolgreichen Bekämpfung. Die Situation gewann 2005/2006 wieder an Aktualität, nachdem das hochpathogene aviäre Influenzavirus H5N1-Stamm Asia sich rasch von Asien nach Europa und Afrika ausbreitete und zahlreiche Nutz- und Wildvögel infizierte. Eine Übertragung auf den Menschen ist bislang nur in begrenzter Zahl in asiatischen Ländern beobachtet worden, jedoch mit einer Letalität von >50 %. Es ist aber weiterhin zu befürchten, dass H5N1 Asia durch Rekombination mit humanpathogenen Influenzaviren die Fähigkeit zur direkten Übertragung von Mensch zu Mensch erlangen könnte.
Im April 2009 breitete sich ein neues Influenzavirus A/H1N1 weltweit aus, so dass die WHO im Juni 2009 offiziell die höchste Pandemiestufe 6 ausrief. Virus und die Krankheit wurden in der Bevölkerung nicht ganz korrekt als "Schweinegrippe" bezeichnet. Das Robert Koch-Institut schätzte sie gemessen an der Anzahl von zusätzlichen Arztkonsultationen in der Rückschau als mittelschwere Influenzaepidemie ein. Letztendlich kam es zu 253 gemeldeten Todesfällen durch das neue H1N1 Virus, mit den höchsten Mortalitätsraten (pro 100.000 altersgleiche Einwohner) bei Säuglingen (0,44) und jungen Erwachsenen (35-59 Jahre: 0,42).
In unkomplizierten Fällen dauert die Krankheit 1-2 Wochen und geht nach einer kurzen Inkubationszeit von 1-3 Tagen mit den oben genannten Symptomen (Symptome Schnellcheck) einher. Komplikationen, in erster Linie Pneumonien, treten bei insgesamt etwa 15-20 % aller Krankheitsfälle auf. Influenzainfektionen sind die häufigste Ursache für hospitalisierungsbedürftige Erkrankungen der Atemwege im Schul- und Erwachsenenalter.
Die Diagnose kann aufgrund des meist schweren Krankheitsbildes, das sich markant von den üblichen, banalen "grippalen" Infekten unterscheidet, gestellt werden. Soll sie mikrobiologisch gesichert werden, so gelingt dies am ehesten durch Virusnachweis (PCR, Antigentest) aus dem Nasopharynx in den ersten Krankheitstagen. Die serologische Diagnostik erfordert einen signifikanten Titeranstieg (Hämagglutinationshemmtest, Komplementbindungsreaktion oder ELISA) zwischen zwei Serumproben im Abstand von etwa 2 Wochen.
In den meisten Fällen ist die Behandlung der Influenza durch symptomatische Maßnahmen ausreichend. Bakterielle Sekundärinfektionen werden mit Antibiotika therapiert. Amantadin und Rimantadin sind in der Lage, durch Inhibierung des Uncoatings die Zellinvasion der Viren zu begrenzen. Sie wirken allerdings nur gegen den Serotyp A. Da das Virus-Uncoating am Beginn des Infektionsgeschehens steht, muß die Behandlung sehr früh einsetzen, um wirksam zu sein. In den vergangenen Jahren wurden zwei neue Virostatika verfügbar, die gegen Influenza-Virustypen A und B gerichtet sind und auch gegen die meisten H5N1 Viren wirksam sind. Zanamivir und Oseltamivir sind selektive Hemmer der Neuraminidase. Durch die frühzeitige Behandlung (binnen 48 Stunden nach Beginn der Influenzasymptomatik) wird die Dauer der Krankheit um 1-2 Tage verkürzt.
Amantadin oder Rimantadin können für ungeimpfte oder zu spät geimpfte Risikopatienten bei Ausbruch einer Influenza-A-Epidemie oder Pandemie für längere Zeit täglich prophylaktisch gegeben werden. Die beiden neueren Virostatika Zanamivir und Oseltamivir sind ebenfalls prophylaktisch wirksam.
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 128-134