Diphtherie
Die Diphtherie wird durch Corynebacterium diphtheriae, ein Gram-positives Stäbchenbakterium, ausgelöst und durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die Komplikationen der Krankheit beruhen auf der Wirkung des Diphtherietoxins, welches nach Besiedelung von Schleimhäuten von den Bakterien exprimiert wird. Bei nicht ausreichender und vor allem zu später Behandlung kann die Diphterie potentiell tödlich verlaufen.
Personen mit nicht dokumentiertem oder unzureichendem Impfschutz.
Der Husten kann insbesondere bei Kleinkindern durch Verlegung der Glottis zum akuten Erstickungstod führen.
Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 6 Tagen beginnt die Krankheit in der Regel mit folgenden Symptomen:
- Pharyngitis
- Meist geringgradiges Fieber
- Schluckbeschwerden
- Leichtes Krankheitsgefühl
1-2 Tage später folgen:
- Weißliche Beläge auf den Tonsillen (Fibrinexsudationen), dann im Pharynx einschließlich Gaumen und Uvula
- Charakteristischer faulig-süßlicher Mundgeruch
- Schmerzhafte Halslymphknotenschwellung ("Cäsarenhals")
- Ausgeprägtes Krankheitsgefühl
Systemische Komplikationen können betreffen:
- Zentrales Nervensystem (z.B. Gaumensegelparesen, okuläre Paresen)
- Peripheres Nervensystem (u.a. Neuritiden, z.B. Paresen der Atemmuskulatur)
- Herz-Kreislaufsystem (u.a. Myokarditis)
- Lungen (u.a. sekundäre Pneumonien durch bakterielle Sekundärinfektion)
Dank der aktiven Schutzimpfung mit Diphtherietoxoid wurden über viele Jahre jährlich weniger als 10 Krankheitsfälle von Rachendiphtherie in Deutschland registriert. In jüngerer Zeit sind im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen nach Europa auch in vielen anderen Ländern, so auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz, vermehrt Fälle von kutaner Diphtherie (vereinzelt auch Rachendiphtherie) aufgetreten.
Im Jahr 2015 wurden 14 Fälle von Diphtherie in Deutschland gemeldet, darunter 2 Fälle von Rachendiphtherie, es handelte sich dabei überwiegend um Personen mit nicht dokumentiertem oder unzureichendem Impfschutz. In den Jahren 2016 bis 2020 wurden zwischen 10 (2017) und 26 (2020) Fälle gemeldet.
Bilden sich die in ihrer Konsistenz lederartigen (“diphthera”, griechisch für Leder) Exsudate im Larynx, so führt dies zu einem charakteristischen, bellenden Husten (Krupp) und kann insbesondere bei Kleinkindern durch Verlegung der Stimmritze (Rima glottidis) zum akuten Erstickungstod führen.
Systemische Komplikationen werden durch das Diphtherietoxin hervorgerufen, die oft erst in der 4.-6. Krankheitswoche im Blut zirkuliert.
Die Letalität der Diphtherie war früher vorwiegend auf die lokalen Komplikationen im Kehlkopfbereich zurückzuführen. Die heutigen Todesfälle beruhen meist auf sekundären Pneumonien oder Myokarditiden.
Nachweis von toxin-bildenden C. diphtheriae durch Abstrichentnahme und Anzucht. Dazu werden mit dem Tupfer die festhaftenden Beläge auf den Tonsillen oder im Pharynx entfernt und aus dem i.d. Regel bakterienreichen Randgebiet Material zur Anzucht entnommen. Die fibrinösen Beläge ("Pseudomembranen") führen beim Ablösen zu pathognomonischen kleinen Kapillarblutungen. Dies ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur Streptokokkentonsillitis und infektiösen Mononukleose, bei denen diese Manipulationen keine Blutung verursachen. Auf dem Anforderungsschein für das Labor muss der Diphtherieverdacht mitgeteilt werden, damit die Kultur auf einem Spezialnährboden erfolgt. Der Toxinnachweis erfolgt sekundär, i.d.R. mittels PCR.
Im Blut des Patienten finden sich unspezifische Zeichen einer bakteriellen Infektion:
- Leukozytose mit Überwiegen der neutrophilen Granulozyten
- Erhöhung des C-reaktiven Proteins
- Beschleunigte BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- Thrombozytopenie
Krankheitsverdacht, Krankheit und Tod durch Diphterie sind in Deutschland namentlich meldepflichtig, ebenso wie der direkte oder indirekte Nachweis von toxib-bildendem C. diphtheriae (sofern der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist).
Die Therapie muss bei Verdacht auf Diphtherie sofort begonnen werden, der Erregernachweis darf nicht abgewartet werden. Sie besteht aus :
- Stationären Isolierung des Patienten
- Gabe von Diphtherie-Antitoxin
- Antibiotischer Therapie
Jede Kontaktperson eines Diphtheriekranken sollte unabhängig vom Impfstatus 7 Tage lang mit einem Oral-Penicillin (alternativ: Erythromycin) behandelt werden. Darüber hinaus erhalten enge Kontaktpersonen, die nicht über einen kompletten (mindestens 3 Dosen) und aktuellen (letzte Dosis weniger als 5 Jahre zurück) Impfschutz verfügen, eine postexpositionelle, aktive Diphtherieimpfung mit dem Ziel, den eigenen spezifischen Impfschutz zu komplettieren bzw. aufzufrischen.
Die Krankheit selbst hinterlässt keine bleibende Immunität.
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 49ff