Cholera
Die Cholera wird vorwiegend durch die Serogruppe O1 und O139 (= Choleratoxin-Produzenten) des Gram-negativen Bakteriums Vibrio cholerae hervorgerufen. Einziger Wirt für V. cholerae ist der Mensch. Die Übertragung erfolgt nach oraler Aufnahme kontaminierten Wassers oder kontaminierter Nahrungsmittel. Die Vibrionen entfalten im Dünndarm ihre Wirkung mittels des Cholera-Exotoxins, wo durch Erhöhung des cAMP-Spiegels ein massiver Efflux von Ionen und nachfolgend freiem Wasser in das freie Darmlumen erfolgt. Dies resultiert in schweren Krankheitsfällen in einer raschen Dehydratation.
Personen mit Aufenthalt in Endemiegebieten
Erbrechen und Durchfall (reiswasserähnliche flüssige Stühle)
Tod durch Nierenversagen und/oder Exsikkose
Wichtigste Endemiegebiete für die Cholera sind Südostasien, Süd- und Mittelamerika und zahlreiche afrikanische Länder. Aus diesen Regionen werden der WHO konstant jährlich ca. 100.000-300.000 Krankheitsfälle und ca. 5000 Todesfälle gemeldet, wobei die wahren Fallzahlen geschätzt um den Faktor 10 höher liegen.
Das Risiko, während einer Urlaubsreise eine Cholera zu erwerben, ist sehr gering (ca. 2-3 pro 1 Million Reisende), wohingegen bei längerem Aufenthalt in hygienisch bedenklichen Regionen (z.B. in Elendsvierteln, Flüchtlingscamps und anderen Aufnahmelagern) ein bedeutsames Infektionsrisiko besteht (ca. 5 pro 1000 Personen). Seit vielen Jahren werden in Deutschland nur noch sporadisch importierte Cholera-Krankheitsfälle gemeldet.
Nach einer kurzen Inkubationszeit von wenigen Stunden bis wenigen Tagen setzen Erbrechen und Durchfall akut ein. Dabei werden bis zu 20 Liter (!) reiswasserähnliche flüssige Stühle abgesetzt, die bei unzureichender Rehydrierung rasch zum Tod durch Nierenversagen und/oder Exsikkose führen. Neben dieser Maximalform der Krankheit werden überwiegend aber deutlich mildere Verläufe gesehen. Gelingt es, die Elektrolyt- und Flüssigkeitsverluste zu ersetzen, heilt die Krankheit binnen weniger Tage folgenlos aus.
Die Diagnose kann in typischen Fällen klinisch gestellt werden. Goldstandard ist der Erregernachweis im Stuhl.
Im Vordergrund steht die orale Zufuhr von Rehydratationslösungen (WHO-Empfehlung: Na+ 90 mmol/l; Cl– 80 mmol/l; K+ 20 mmol/l; HCO3– 30 mmol/l; Glukose 111 mmol/l) zum Ausgleich der enteralen Verluste. Gelingt dies nicht oral, so muss über einen venösen Zugang infundiert werden. Begleitend sollte antibiotisch behandelt werden: ab 8 Jahren Tetrazykline, bei Kindern jünger als 8 Jahre mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol (=Cotrimoxazol).
Den allgemeinen hygienischen Maßnahmen kommt bei Reisen in Endemiegebiete ein sehr hoher Stellenwert zu. Insbesondere bei Aufnahme von Nahrungsmitteln und Getränken muss man die allgegenwärtige Infektionsgefahr berücksichtigen. Es gilt der Allgemeinsatz "Boil it, peel it, cook it or forget it!". Bezüglich Getränken sind Fertigprodukte in Flaschen i.d.R. als sicher anzusehen.
Grundsätzlich ist es möglich, Kontaktpersonen von an Cholera Erkrankten durch Gabe von Antibiotika (z.B. Doxycyclin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol) zu schützen; dies wird jedoch wegen der geringen direkten Kontagiosität des Erregers nicht empfohlen.
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 145